20 | Marie Torhorst 1888 - 1989
Die Pädagogin und überzeugte Pazifistin
lehrt von 1929 bis 1933 an der
reformorientierten weltlichen Karl-
Marx-Schule in Neukölln. Sie ist vom
Konzept der weltlichen Schule gleichermaßen
beeindruckt wie verunsichert:
Beeindruckt, weil die Schule
neue Bildungsmöglichkeiten und fortschrittliche
Pädagogik bietet. Verunsichert,
weil sie diese Ideen schwer
umsetzen kann. 1932 entschließt sie
sich zu einer Studienfahrt in die Sowjetunion,
um sich dort mit den neuen
Entwicklungen des Schulsystems auseinanderzusetzen.
Ihre Reise führt nicht
wie erwartet zum Verständnis für das
sowjetische Schulsystem, bestärkt sie
aber in ihrer politischen überzeugung.
Wieder in Freiheit, führt sie ungeachtet der Gefahr ihre Tätigkeit im Widerstand fort. Nach dem Ende der NS-Herrschaft widmet sie sich in der DDR der Bildungspolitik.
"Meinen Studienaufenthalt
in der Sowjetunion betrachte
ich als den wichtigsten
Abschnitt in meiner
politischen Entwicklung. [...]
Niemals hätte ich ohne die in
der Sowjetunion gemachten
Erfahrungen dem politischen
Gegner während der
Nazizeit mit solchem
Optimismus und mit solch
festem politischem
Selbstbewußtsein begegnen
können."
Marie Torhorst, Erinnerungen
Nach ihrer Entlassung durch die Nationalsozialisten engagiert sich Torhorst im Widerstand: Sie leitet politische Zirkel,
bildet eine Widerstandsgruppe und schreibt für die Parole, eine sozialistische Untergrundzeitung in Neukölln. 1937
wird sie erstmals von der Gestapo vorgeladen.
Ihr wird vorgeworfen, für die
Neuköllner SPD politische Arbeit geleistet
zu haben - ein Bekannter hatte sie
denunziert. Sie kann diese Vorwürfe
entkräften und erreicht ihre Freilassung.
1943 versteckt sie den jüdischen Kommunisten
Heinz Wolf, einen ehemaligen
Schüler, und seine Mutter in ihrer
Wohnung und wird abermals denunziert.
Sie verschweigt ihre politischen
Motive und wird deshalb lediglich mit
acht Wochen Arbeitslager bestraft.
Wieder in Freiheit, führt sie ungeachtet der Gefahr ihre Tätigkeit im Widerstand fort. Nach dem Ende der NS-Herrschaft widmet sie sich in der DDR der Bildungspolitik.
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bbf-dipf-archiv-torm-bild-016_1.jpg (1548x2481, 638 KByte) -- Die Mathematikstudentin Marie Torhorst (rechts) neben ihrer Schwester Adelheid im Jahr 1911. |